14/12/2024 0 Kommentare
Weißt du, wie Weihnachten klingt?
Weißt du, wie Weihnachten klingt?
# Adventskalender 2024
Weißt du, wie Weihnachten klingt?
Das war die Frage, der Lotte in dem Kindermusical, das am ersten Advent in der Lutherkirche aufgeführt wurde, nachgegangen ist. Lotte hat nämlich festgestellt, dass es ganz schön viele Lieder mit Glocken und Glöckchen rund um Weihnachten gibt. „Süßer die Glocken nie klingen“, „Kling Glöckchen klingelingeling“ — das kann ja kein Zufall sein.
Sie macht sich zusammen mit ihren Geschwistern auf die Suche nach dem Weihnachtsklang. In der Weihnachtsgeschichte finden sie Kuhglocken, aber so richtig weihnachtlich hören die sich nicht an.
Die Glöckchen von den Schafen sind schon näher dran, doch erst als die Engel den Hirten die frohe Botschaft von Jesu Geburt verkünden, hören sie echte Weihnachtsglocken.
Das Geheimnis rund um den Weihnachtsklang ist also gelüftet.
Doch wieder im Kinderzimmer angekommen, ist sie sich doch nicht mehr ganz so sicher, ob sie dem Weihnachtsklang nicht „nur auf der Spur waren“ und doch noch etwas fehlt. Der Weihnachtsklang kann doch nicht nur in einer Geschichte sein, die in der Vergangenheit stattgefunden hat?
„Weißt du, wie Weihnachten klingt?“ — Was würden Sie antworten?
Ich habe selbst mal überlegt: Bei mir wären es — glaube ich — eher Paukenschläge, und zwar die, die am Anfang des Weihnachtsoratoriums bei dem Stück „Jauchzet, frohlocket!“ zu hören sind. Es lief früher immer, wenn wir als Kinder ins Bescherungszimmer kommen durften. Vorher hat ein Glöckchen geschellt, aber die Pauken und der Chorgesang sind mir mehr in Erinnerung geblieben. Es hatte immer etwas sehr Imposantes, mit dieser Musik in das Zimmer mit dem Weihnachtsbaum voller Kerzen zu kommen.
„Weißt du, wie Weihnachten klingt?“ — Vielleicht würde ich auch „Oh du fröhliche“ nehmen, das immer am Ende vom Weihnachtsgottesdienst gesungen wird. Bei Lotte sind es schließlich die Kirchenglocken, die sie aus der heutigen Zeit mit in die Weihnachtsgeschichte rufen — ja sie zu Lottes ganz persönlicher Geschichte machen.
Doch ich bin ganz ehrlich. Ich könnte auch von anderen Klängen erzählen.
Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter, als ich schon nicht mehr zuhause wohnte, kurz vor der Bescherung meinte, ich solle noch eben schnell eine Haarbürste wegräumen. Irgendwie, so genau erinnere ich mich nicht mehr, war das der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die kurze Aufforderung endete in einem lauten Streit, in den sich dann auch noch meine anderen Geschwister mit einklinkten.
„Weißt du, wie Weihachten klingt?“ — Ja, ehrlicherweise auch so.
Oder es ist ganz still. Nicht heimelig und feierlich still. Sondern beklemmend, bedrückend. Weil an Weihnachten manchmal noch viel mehr spürbar wird, wer nicht mehr da ist, was anders ist als früher. Die Trauer macht an Festtagen nicht halt. Ganz im Gegenteil, sie ist gerade an diesen Tagen eine Besucherin, die es sich auf dem Sessel bequem macht.
Vielleicht bringt sie ja ihren eigenen Klang mit — habe ich mir gedacht. Und dieser Klang gehört einfach auch zum Weihnachtsfest dazu, er muss nicht draußen bleiben.
„Weißt du, wie Weihnachten klingt?“ — Manchmal, da wünsche ich mir an Weihnachten so einen ruhigen Moment. Einen Moment, in dem der ganze Trubel in den Hintergrund rückt, und man das Heilige in dieser stillen, „heiligen Nacht“ erahnen kann. Vielleicht auch, um dem Klingen der Engeln nachzuhorchen, den hellen Stimmen, die auch hinein in mein Leben sprechen: „Fürchte dich nicht! Ich habe eine frohe Botschaft für dich.“
Manchmal, da stellt sich so ein Moment ganz unverhofft ein. Nachts allein auf der Straße im Auto auf der Rückfahrt von der Mette oder ganz früh morgens am 25. Dezember mit einem Kaffee vor dem Weihnachtsbaum. Dann breitet sich die Freude wie ein heller Klang aus – die Freude, dass Gott diese Welt nicht sich selbst überlassen hat, sondern ein Teil von ihr geworden ist. Dieser Ton, der helle Klang der Freude, mischt sich mit hinein in all die anderen Klänge — die Paukenschläge, der Streit, der dumpfe Klang der Trauer und die befreiten Stimmen, die „Oh du fröhliche“ singen. Das ist mein Weihnachtsklang.
Ihre Pfarrerin Charlotte Behr
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